Krawall und Remmi Demmi in Hongkong

Soho, Hong Kong


Zwischen Louis Vuitton, Gucci, Versace und Rolex


Es war endlich wieder so weit die nächsten Abenteuer warteten auf uns. Der Sommer in Berlin war vorbei und wir freuten uns mehr den je auf den lang ersehnten Urlaub und die Verlängerung von etwas Wärme. Endlich dem Herbst entfliehen und ab in die Sonne, neue Impulse und Energie für das restliche Jahr sammeln. Am Sonntag, den 29. September war es so weit, 3,5 Wochen Asien. Erst Hongkong und dann auf die Insel Taiwan. Asien hatte es Fränn ja schon lange angetan.
Pünktlich um 9 Uhr klingelte der Wecker und wir starteten den Morgen mit einem ausgiebigen Frühstück. Mariana präparierte die Pflanzen und die letzten Dinge wurden im Koffer verstaut und ja ihr lest richtig, diesmal hiess es Koffer statt Rucksack. Man wird ja nicht jünger und bei 23 Kilogramm Freigepäck auf dem Rückweg schlug das Shopping Herz von Fränn einfach höher. Unsere Anreise zum Flughafen Tegel gestaltete sich etwas komplizierter als gewohnt da in Berlin Marathon war. Ein Taxi war keine gute Option. Volle Fahrt voraus, Koffer in die Hand und ab zum Nolli. Am Flughafen angekommen trauerte das Wetter mit uns, es regnete in Strömen. Das verrücktestes waren die Marathonläufer die direkt von der Strecke in die Flieger stiegen und nach Hause flogen. Wie immer gab es einen kleinen Abstecher am Flughafen in den Buchladen, neue Lektüre für den Flug besorgen. Diesmal lief alles reibungslos in Tegel, kurz durch den Sicherheitsbereich, alles aus- und wieder einpacken und warten. Nach ca. 10 Minuten Langeweile am Gate kam der Pilot persönlich vorbei und informierte uns mit niederländischem Akzent, dass der Flieger Verspätung hätte er aber alles geben würde, dass wir auch ja pünktlich ankommen, wir waren nicht die Einzigen mit Anschlussflügen. Gesagt getan. Wir stiegen in den Flieger und er hatte recht, er gab, wirklich sein bestes, nur eine Rakete wäre schneller geflogen.
In Amsterdam angekommen passierten wir die Passkontrolle und wurden direkt wieder rausgezogen zum zufälligen Sicherheitscheck, das wir keine Zeit hatten und das Boarding schon los ging, störte das Sicherheitspersonal herzlich wenig. Nochmal, ausgiebiges abtasten und die Taschen durchleuchten und ab zum nächsten Flieger rennen.
Kurz vorm Abflug blieb uns das Herz stehen, als eine Durchsage zur Einreise durch die Lautsprecher kam. Gestern Abend hatten wir noch an das kommende Visum für Indien gedacht, doch was war eigentlich mit Hongkong? Brauchten wir etwa ein Visum für China? Für Taiwan war jedenfalls keins nötig, doch blieben wir ja ein paar Tage in Hongkong. Was ist eigentlich, wenn man kein Visum hat? Müssten wir wieder zurück? Noch schnell das Handy gezückt und beim Auswärtiges Amt nachgeschaut: da Hongkong gewisse Sonderrechte besitzt, durften wir ohne Probleme einreisen. Puh – das war knapp, aber so konnte die nächsten 11,5 Stunden entspannt gereist werden.


Der Flug verlief relativ unspektakulär, bis auf eine chinesische Dame die Fränn den letzten Nerv raubte. Die Dame konnte es einfach nicht sein lassen direkt neben ihrem Sitz Turnübungen zu veranstalten. Die bösen Blicke störten die Dame herzlich wenig und Fränn war ersichtlich froh, als das Anschnallzeichen aufleuchtetet und die Dame sich gezwungenermaßen setzen musste. Nach ca. 11,5 Stunden war es dann fast geschafft, wir bekamen Frühstück, etwas merkwürdig morgens um 3 Uhr aber gut. Total zerstört stiegen wir morgens kurz nach 10 Uhr Ortszeit aus dem Flieger. Wie man sich um 4 Uhr mit wenig bis gar keinen Schlaf fühlt, kann sich jeder vorstellen. Im Zombie Modus ging es raus aus dem Flieger Richtung Kofferband. Hoffentlich ging alles gut und die Koffer reisten mit uns. Wir hatten Glück und die Koffer waren in Sicht, Koffer vom Band, durch den Sicherheitsbereich ohne eine Frage zu beantworten und ab in die Empfangshalle. Da standen wir nun zwischen lauter lustigen Schriftzeichen und Piktogrammen die uns den Weg weisten. Erstmal setzen und im WLAN anmelden, um nach dem Weg zu schauen. 

Flughafen, Hongkong


Es gab vier Möglichkeiten in die Stadt zu kommen: 

Variante 1: Zug – die schnellste
Variante 2:
Bus – die günstigste 
Variante 3:
Taxi
Variante 4:
UBER – die teuerste Variante 

Wir entschieden uns für den Bus, günstig und man bekommt einen guten ersten Überblick von der Stadt. Also ab an den nächsten ATM die ersten Hongkong Dollar abheben und die Busstation suchen. Der Flughafen war sehr übersichtlich und alles einfach zu finden. Komischerweise konnte man das Busticket nur in Cash bezahlen – von wegen digital bezahlen. Für 40 Hongkong Dollar (umgerechnet 4 €/Person) ging es in ca. 30 Minuten Richtung Stadt. 

Bus vom Flughafen nach Hongkong


Wie es sich gehörte gab es im Bus WLAN und somit konnten wir den Weg per Google Maps auf dem iPhone verfolgen und wussten genau, wo wir aussteigen mussten – Digitalisierung sei Dank. Vorbei an Disneyland und der Skyline von Hongkong ging es nach Central. Unser Hotel befand sich im Szeneviertel Soho. Koffer in die Hand und ab auf die Straße. Es war heiß, die Luft war stickig schwül und alles war laut und groß. Eigentlich wollten wir nur ins Bett doch rief die Stadt nach uns erkundet zu werden. 7,4 Mio Einwohner (1106 km²), als Vergleich Berlin hat ca. die Hälfte 3,6 Mio (891,68 km²) Einwohner. Nichtsdestotrotz auf jeden Fall viel weniger Verkehr als in Vietnam. Auffällig waren die zweistöckigen Straßenbahnen, die das Straßenbild prägten. 

Hong Kong Tramway



Als Erstes ging es ins Hotel duschen, umziehen und dann ab ins Getümmel. Unser Plan stand – Mittag essen und die Stadt erkunden und hoffentlich nicht zu spät ins Bett. Zum Mittag gab es ein klassisches Reisgericht und einen Grüntee. Was sofort auffiel, waren die unzähligen Shoppingcentern mit den ganzen Edelboutiquen: Louis Vuitton, Gucci, Versace und Co. Hier gab es einfach jede Marke die das edel Shopping Herz begehrt. Fränn hatte zuvor noch nie so viele Rolexläden gesehen wie hier, nach dem 8. Laden hat sie aufgehört zu zählen. Die Menschen hier legen anscheinend Wert auf Mode und teure Uhren. Irgendwann war es sogar Fränn zu viel. Die Fußgängerwege waren alle so angelegt, dass man durch die Shoppingcentren durch musste: Rein in die Mall, raus, rein und wieder raus, wie ein riesiges Labyrinth – einfach nur anstrengend. Schnell eine Straße überqueren ist hier nicht so einfach möglich. Als Erstes ging es Richtung Wasser, um auf die Halbinsel Kowloon mit der Fähre zu fahren und die andere Seite zu erkunden. 


Für ca. 4 Hongkongdollar (umgerechnet 0,40 €) pro Fahrt bekam man einen Token, mit dem man die Fähre nutzen konnte. Unser Ziel war der Temple Street Markt und Ladies Markt– zwei Highlights laut Google die man sich unbedingt anschauen sollte. Die Füße wurden immer schwerer und die Kraft verließ uns, doch aufgeben war keine Option. Die Straßen waren voll mit kaufwütigen Menschen. Total verschwitzt kamen wir am Ladies Markt an – es war grauenvoll. Asiatischer Plastik-Plunder in jeglicher Ausführung. 

Ladies Markt, Hongkong
Ladies Markt, Hongkong













Wirklich gar nichts konnte man hier erwerben und wir entschieden uns wieder zurück Richtung Temple Street zu gehen und uns diesen Markt anzuschauen vielleicht hatten wir ja dort mehr Glück. Am Markt angekommen waren wir jedoch viel zu fertig, so dass wir nur noch ein kurzes Abendmahl am Wegesrand zu uns nahmen und uns für den Heimweg entschieden. Ein letztes Foto von der Fähre auf die Skyline von Hongkong Island und dann ab ins Hotel. 


Total erschöpft kamen wir nach ca. 15 Kilometer Fußmarsch am Hotel an und fielen ins Bett – der Marathon war für heute beendet. Am nächsten Morgen hieß es erstmal das Frühstücksbuffet testen. Fränns Herz schlugt höher, Kimchi zum Frühstück. Ein Toast und etwas Rührei und dazu einen äußerst schlechten Kaffee. 
Die Straße hinauf ging es zu einem der ältesten Tempel Hongkongs „Man Mo“, ein taoistischer Tempel. Lange konnte man sich im Tempel nicht aufhalten da dank der überall stehenden Räucherstäbchen und hängenden Räucherspiralen die Luft knapp wurde. Unser Interesse hielt sich in Grenzen und wir bevorzugten die tropische Hitze unter freiem Himmel. 

Man Mo Temple

Danach bewunderten wir die vielen bunten Wände in Soho die mit internationalen Streetart Künstlern gefüllt sind. Einfach schön anzusehen.

Streetart in Hongkong


Wir streiften durch die leeren Straßen, auffällig waren die vielen verschlossenen Geschäfte, achja heute war ja der 70zigste Jahrestag von China – der Nationalfeiertag. Per WhatsApp wurden wir von der Familie vorgewarnt, passt auf euch auf, aber was sollte uns schon passieren?
Wir beschlossen zum Victoria Peak (The Peak) auch bekannt als Mount Austin oder lokal als „The Peak“ zu laufen und von dort mit der Drahtseilbahn für 52 Hongkong Dollar/Person (ca. 6 €) auf den Berg zu fahren und uns Hongkong von oben anzuschauen. Es ist mit 552m, der höchste Hügel auf Hong Kong Island und eine der Hauptattraktionen von Hongkong. Oben angekommen genossen wir die Aussicht über die Stadt. 

Hongkong Victoria Peak


Gefühlte 1000 Fotos später ging es wieder mit der Bahn Richtung Soho. Unten angekommen standen bewaffnete Polizisten mit Gasmasken an der Straßenecke uns wurde mulmig zu Mute, zwar hatten wir von den Ausschreitungen gehört doch hielt es Fränn nicht ab direkt in Richtung Demonstration zu laufen, sie hatte eine Vorliebe für Demonstrationen. Mariana hatte so gar keine Lust auf Stress doch konnte sie Fränn nicht aufhalten, was sollte schon passieren. Unten angekommen prägten schwarz gekleidete Menschen mit Regenschirmen das Straßenbild. Demonstranten zogen in der Sonderverwaltungszone erneut auf die Straßen und wir mitten drin. Die ersten Ausschreitungen waren im Sommer und die Lage hatte sich weiter zugespitzt. Wir waren im Epizentrum angekommen und wussten plötzlich nicht mehr, wo wir lang mussten. Die Demonstranten kamen von links und von rechts und wir hatten den Überblick verloren, wir liefen Richtung Wasser den Menschenmassen hinterher. Nur wenig später kam es nicht weit von uns entfernt zu Zusammenstößen und Ausschreitungen. Überall Demonstranten und Presseleute doch keine Polizei die wir fragen konnten. Wir hatten absolut keine Ahnung, wo wir hin sollten.

 

Demonstrationen in Hongkong


Alle liefen Richtung Fähre, keine gute Idee, wenn Ausschreitungen sind. Vielleicht Richtung Berg? Dort waren auch überall Menschen mit schwarzer Kleidung und Masken, blöd nur das wir auch schwarz gekleidet waren… 
Wir blieben stehen, beobachteten die Menschenmassen und entschieden uns so vorsichtig wie nur möglich durch die Demo zu kommen. Am Wegesrand saßen Frauen und spielten Karten, andere machten Mittagsschlaf – skurrile Situation und wir hatten keine Ahnung wie ernst oder nicht ernst die Lage war. Plötzlich hörten wir Sirenen, sahen rennende Polizisten, Wasserwerfer und Reporter mit Warnwesten und dem Aufdruck „Presse“. Wir nahmen die nächste Rolltreppe nach oben und überquerten die Straße und schauten uns das Spektakel von oben an. Mariana hatte sich so auf das Feuerwerk zum Feiertag gefreut doch während sich China in Peking mit einer riesigen Parade zum 70. Gründungstag selbst feierte, gingen die Menschen in Hongkong für die Freiheit auf die Straße. Seit 1997 wird Hongkong autonom regiert was wir das erste Mal im Flieger realisierten da wir kein Visum benötigten. Uns wurde wieder mal bewusst, wie privilegiert wir doch sind und das nicht alle den Status von Freiheit so genießen können. Zu Recht also das die Menschen auf die Straßen gehen und für ihre Meinungs- und Versammlungsfreiheit kämpfen und somit war uns nach feiern auch nicht zu mute. Es kamen immer mehr Polizeiwagen und das Herz rutschte Fränn in die Hose als ein Polizist die Waffe zog und auf den Übergang zielte, weil jemand eine Wasserflasche runtergeschmissen hatte. Bloß weg hier. 

Demonstrationen in Hongkong


Wir flohen aus der Menschenmasse, suchten uns ein Café, um uns bei Twitter über die aktuellen Geschehnisse zu informieren. Ein kleines Café namens „Fast Gourmet“ in einer Gasse gab uns Unterschlupf und wir bestellten einen Eiskaffee. Laut den aktuellen Meldungen waren wir dem Epizentrum entkommen und die Demonstrationen gingen in Kowloon weiter. Die Straßen waren menschenleer und die meisten Restaurants hatten geschlossen. Wie der Zufall es wollte, fanden wir ein kleines japanisches Restaurant nicht weit von unserem Hotel wo wir uns eine Suppe genehmigten und den anderen Gästen beim Schlürfen zu hörten. Danach ging es ins Hotel wo wir die letzten Stunden des Tages mit Blog schreiben verbrachten. 
Am nächsten Morgen ging es durch eine enge Gasse in Soho, wo sich ein kleiner Antikmarkt befindet auf dem wir ein Bild als Erinnerung erworben. Wir schlenderten durch die Gasse, die Sonne brannte und es war unerträglich schwül. Wie beim Hindernislauf wichen wir den Wassertropfen der Klimaanlagen, aus die von den Häuserwänden tropfen. Unser nächstes Ziel war das PMQ Design Center. Dabei handelt es sich um ein mehrstöckiges Haus, was früher „Police Married Quarters“ hieß und den geflüchteten chinesischen Männern, die für die Polizei arbeiteten, als Wohnungen dienten. Seit 2014 wird es als Kreativstätte genutzt und bietet Künstlern Räume für ihr Handwerk und Shops. Stockwerk für Stockwerk arbeiteten wir uns von oben nach unten und bestaunten die Angebote. Kunst, Design aber auch Sauerteigbrot kann man hier finden. 

PMQ Design Center


Irgendwie wollte der Shopping Funke nicht überspringen und Fränn ging doch tatsächlich ohne ein Designobjekt aus dem Center raus. Nun ging es Richtung Hafen nochmal auf die andere Seite mit der Fähre, um dem Temple Street Markt eine zweite Chance zugeben. Zum Abendessen gab es eine Kalorien übertriebene „Egg Waffle“ bei Mammy Pancake mit zwei Kugeln Eis die den Zuckerbedarf der nächsten Woche deckte. Total überzuckert ging es Richtung Wasser wo wir uns zum Abschluss die täglich, um 20 Uhr stattfindende Lichtershow mit Musik anschauten. Im Hintergrund der Victoria Peak und davor die leuchtende Skyline mit den unzähligen Hochhäusern, eine etwas andere Welt. Wir beendeten den Tag mit unserem ersten chinesischen Bier und waren gespannt auf die kommenden Abenteuer in Taiwan.

Mammy Pancake


Unsere Sightseeing Highlights 

1. Blick vom Berg „Victoria Peak“ (The Peak) 
2. Fahrt mit der Fähre 
3. Lichtershow mit Blick auf die Skyline (jeden Tag um 20 Uhr)
4. PMQ Design Center 
5. Spaziergang durch Soho 
6. Nachtmarkt (Temple Street Markt & Ladies Markt)


Hongkong in Bildern gibt es auf Instagram unter folgendem Link:

https://www.instagram.com/s/aGlnaGxpZ2h0OjE3ODY2ODU2Nzg4NDk1MTYy?igshid=mb4gtsnfjnah&story_media_id=2143528157974666883


3 Gedanken zu „Krawall und Remmi Demmi in Hongkong

  1. Ach mano, jetzt schreibe ich alles nochmal.
    Also sehnlichst habe ich euren Blog gelesen.
    Klingt sehr interessant und spannend. Hongkong wartet auch noch auf mich. Tolle Fotos, super Wetter und coole Aussicht auf die Stadt.
    Ich hoffe ihr kommt nicht nochmal in so eine gefährliche Lage. Mitten im Geschehen und nicht zu wissen in welche Richtung man soll. Echt der Horror. Passt weiter gut auf euch auf und bis bald Grüße von Lieblings Sister

  2. Danke für den informativen Beitrag. Es hat sich sehr leicht lesen lassen. Gut, dass es euch gut geht und ihr den Ausschreitungen entkommen konntet! Bin gespannt auf mehr 🙂

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