Urlaub mal anders. Ein Yoga Retreat der besonderen Art


Pünktlich zum Abreisetag von der Insel Lastovo war das Wetter auf unserer Seite, es war betrübt. Perfektes Wetter, um die schweren Rucksäcke an unser nächstes Ziel zu bringen. Der Hausherr unserer Pension „Bruna“ war so nett und hat uns mit dem Auto die ca. 4 Kilometer an den Hafen nach Ubli gefahren. Die Autofähre stand schon da, sie war riesig und gerade einmal 4 Autos und eine handvoll Menschen teilten sich den Platz auf dem großen Koloss. Pünktlich um 11:15 Uhr legte die Fähre Richtung Vela Luka ab. Schon auf der Hinfahrt stellten wir fest, dass selbst der Papst scheinbar Fähre fährt, somit fühlten wir uns sehr sicher und genossen die Fahrt.



Nach ca. 90 Minuten erreichten wir den Hafen von Vela Luka auf der Insel Korčula. Morgen fing das Yoga Retreat an. Zuvor mussten wir auch erstmal noch schnell Google befragen, was die genaue Definition von Yoga Retreat überhaupt bedeutet und was uns erwartet.


Laut Wikipedia: Retreat, englisch für Rückzug, bezeichnet eine geplante spirituelle Ruhepause oder Rückzug von der gewohnten Umgebung. Während der Begriff im Englischen auch allgemein für Phasen von Entspannung oder Stressabbau benutzt wird, hat sich im deutschen Sprachraum die Bedeutung einer spirituellen Praxis durchgesetzt.

 

Okay, bei spirituell werden bei manchen Lesern jetzt vielleicht die Alarmglocken angehen, aber keine Sorge. Yoga und Meditation sind seit einigen Jahren feste Rituale, die aus unserem Leben nicht mehr wegzudenken sind. Jeden Mittwoch sitzen wir zusammen im Tiergarten bei unserem Lehrer Gabriel auf der Yoga Matte und wenn es die Zeit erlaubt dann besucht Fränn auch gerne ihren guten Freund Jatinder zum Yoga im Wedding. Es gibt keinen besseren Ausgleich zum Alltag als Yoga und Mediation. Im Endeffekt sind es einfache Atemübungen und sportliche Bewegungsabläufe die den Körper und Geist fordern und fördern. Warum also nicht Urlaub mal anders? Erst eine Woche auf der einsamen Insel Lastovo und nun „etwas“ Bewegung und Achtsamkeit dazu, um den Stress der letzten Monate zu vergessen und neue Kraft zu tanken, bevor es im Juli beruflich zusammen weiter geht. Wir wussten zuvor nicht, auf was wir uns einließen und waren mega gespannt, da wir uns ein Haus mit mehreren Personen teilen würden. Wie viele Teilnehmer wussten wir nicht. Von nun an hieß es zweimal 1,5 Stunden Yoga am Tag, einmal vor dem Frühstück um 7:30 Uhr und dann nochmal am Abend um 17:30 Uhr vor dem Abendbrot.
Am Hafen von Vela Luka angekommen und nur wenigen Meter Fußmarsch nach dem Verlassen der Fähre wurden wir von Jessica empfangen, sie war so nett und hat uns vom Hafen abgeholt. Jessica, die Frau von Tomislav, waren unsere Lehrer, die uns durch die nächste Woche begleiteten.

 

 

Im Gegensatz zu Lastovo gibt es in Vela Luka viele Restaurants, Bars und Cafés. Auf dem Weg zur Unterkunft trafen wir durch Zufall auch noch auf Tomislav und den Sohn Mijo. Wir wurden herzlich empfangen und fühlten uns von der ersten Sekunde wohl. Wir waren die ersten und bekamen das beste Zimmer im Haus. So genossen wir erstmal den grandiosen Ausblick, die Ruhe vor den anderen Teilnehmern von unserer Terrasse und waren sehr gespannt was uns erwartet.

 


Überglücklich leerten wir unsere Rucksäcke und unternahmen eine erste Erkundungstour durch die kleine Hafenstadt. Vela Luka gehört zu den größten Orten der Insel was wir nach einem kurzem Spaziergang auch sofort bemerkten. Auffällig war das Meerwasser, im Gegensatz zu Lastovo war es hier nicht ganz so klar, aber dafür waren wir in der Zivilisation und hatten nun eine Auswahl aus den unterschiedlichsten gastronomischen Optionen. Italienisch, mexikanisch, kroatisch, hier gab es eine große Auswahl an Köstlichkeiten. Egal ob Pizza, Bäcker oder Eisladen alles stand zur freien Auswahl und alles war zu Fuß erreichbar. Wir entschieden uns heute Abend mexikanisch essen zu gehen. Wir bestellten als Vorspeise Mozzarella und Tomate und als Hauptgericht Fajitas. Als uns der Koch unseren Hauptgang servierte verhielt er sich sonderbar, er faltete jedem von uns einzeln die Fajitas auf dem Teller zusammen als, ob wir noch nie mexikanisch gegessen hätten und erkläre uns ausgiebig wie wir das Gericht verzehren sollten. Hätte nur noch gefehlt, dass er uns anfängt zu füttern. Das Essen war für Berliner Verhältnisse „okay“. Ab Morgen wird dann jeden Abend frisch in der Gruppe nach dem Yoga gekocht. Noch ein kurzer Spaziergang und ab in die Unterkunft. Das Haus hatte etwas ganz Besonderes, es war komplett neu eingerichtet, sehr viel Holz und Naturstein was einen ganz besonderen Flair zauberte. Wir fühlten uns Rundrum wohl und gingen früh ins Bett. Am morgigen Tag ging es dann endlich los mit Yoga. Wir genehmigten uns am nächsten Morgen ein Frühstück beim Bäcker direkt am Hafen. Frische Eier, Speck, ein Saft und Kaffee zum wach werden danach ging es wieder zurück zur Unterkunft, da am Nachmittag die anderen Teilnehmer dazu kamen.
Um 14 Uhr war es dann soweit, die ersten Teilnehmerinnen die mit uns gemeinsam das Retreat absolvieren zogen in ihre Zimmer. Eine junge Mutter aus Berlin, eine weitere junge Dame aus Köln und eine äußerst sympathische ältere Dame namens Bärbel (Namen geändert) ebenfalls aus Berlin die sofort unser Herz eroberte, begrüßten uns. Zuvor hatten wir etwas Bange, was uns erwarten würde. Ein Haus voller Damen könnte auf Dauer eventuell auch etwas anstrengend sein und was wenn man sich nicht versteht?
Doch es kam alles anders und es ging mit einer wilden Geschichte, die so skurril klang, dass wir uns gar nicht trauten diese hier nieder zu schreiben. Die junge Dame aus Köln hatte die Nacht zuvor im Hostel in Split geschlafen und hatte kein Handy mehr. Auf die Nachfrage warum ging die abgefahrene Geschichte los. Sie schlief im Sechsbettzimmer und über ihr schlief eine junge Engländerin die völlig betrunken die Kontrolle über sich und ihren Körper verlor. Hätte die junge Dame aus dem Bett gebrochen hätte sie vielleicht noch Glück gehabt, aber nein es kam noch schlimmer. Sie wollte der jungen Engländerin helfen, stand auf und wollte das Licht anschalten. Die junge Engländerin legte sich in ihr Bett und pullerte drauf los, als ob das nicht schon schlimm genug sei, legte sie sich auf das fremde Handy. Scheinbar entledigte sie sich so stark, dass das Handy einen Urinschaden erlitt und heiß wurde. Nein, kein Wasserschaden, sondern ein Urinschaden. Das Handy war außer Gefecht gesetzt. Wäre ihre Freundin aus Berlin als Zeugin nicht dabei gewesen hätte man eventuell denken können, dass die Geschichte ausgedacht sei aber nein sie war echt. Was lehrt uns diese Geschichte? Im Hochbett immer oben schlafen da die Wahrscheinlichkeit dort einen Urinschaden zu erleiden vielleicht geringer ist, aber wer weiß hätte mich jemand gefragt, ob diese Geschichte echt sei hätte ich die Wette auf jeden Fall verloren. Wir waren uns alle sehr sympathisch – alles ganz normale Leute. Glück gehabt! Die Geschichte konnten wir natürlich nicht toppen und waren sehr gespannt auf die nächsten Tage und die weiteren Teilnehmer mit ihren Abenteuern. Als der Magen anfing zu zwicken entschieden wir uns noch schnell an den Hafen zu gehen. Zur Abwechslung gab es einen großen Eisbecher, da wir beim Yoga nachher ja genügend Energie brauchten, um die Sonnengrüße durchzustehen.

 


Als wir zurückkamen ging es auch schon los. Alle Teilnehmer setzten sich auf die Yoga Matten im Dachgeschoss des Hauses. Ringsherum befanden sich kleine Fenster die frischen Wind in den Raum ließen. Die Lichtstrahlen des Abends durchfluteten den Raum und die erste Stunde konnte beginnen. Ab jetzt hieß es zweimal am Tag Yoga. Die erste Stunde war zum Kennenlernen. Wir wußten nicht auf was wir uns einliessen und waren gespannt, wie anstrengend es wird. Schon in der ersten Stunde kamen wir an unsere körperlichen Grenzen und konnte nach den Bewegungsübungen super entspannen. Wir bereuten keine einzige Sekunde diese Reise in Angriff genommen zu haben und es war das erste Mal das Fränn bei der Abschlussmeditation keine Decke zum Entspannen brauchte da es angenehm warm war. Der Dachboden mit den Holzbalken hatte eine ganz besondere Atmosphäre und als der Abschlusston der Klangschale erklang, fing die Kirchglocke in der Stadt dreimal anzuschlagen, was für ein Zufall und für ein runder Abschluss.

 

Video: https://www.yoga-in-neukoelln.de


Nach der Yogastunde ging es dann zum gemeinsamen Abendessen auf der Terrasse. Frischer Salat, Zuccini, Risotto, frisches Brot und Oliven. Wir tauschten uns in der Gruppe aus. Neun Frauen unterschiedlichsten Alters, unterschiedlicher Herkunft, die die nächste Woche zweimal am Tag Yoga absolvieren und fast alle in einem Haus. Wir genossen gemeinsam den Abend auf der Terrasse und freuten uns auf die erste Stunde Yoga am Morgen. Am nächsten Morgen klingelte um 7 Uhr der Wecker und wir saßen alle pünktlich um 7:30 Uhr ungefrühstückt auf unseren Yoga Matten. Tomislav führte uns durch die zweite Stunde. Erst normale Bewegungsübungen und danach dann Entspannungsmediationen. Sonnengrüße, Krähen, Bäume, Delphine…
Nach dem Yoga gab es dann ein gemeinsames Frühstück auf der Terrasse. Frisches Obst, Haferflocken, Brot und Käse. Frisch gestärkt ging es danach an den Strand. Die anderen Teilnehmer waren schon unterwegs und wir gingen nach. Leider verpassten wir das Taxi Boot, das nur bis 12 Uhr fuhr und mussten somit eine halbe Stunde Wanderung in Kauf nehmen, bis wir an einer einsamen Bucht ankamen. Dort verbrauchten wir den Tag mit lesen und ausruhen.

 

 

Am Abend ging es dann wieder weiter mit Yoga. Pünktlich um 17:30 Uhr führte uns diesmal Jessica durch den Abendkurs. Die Mediation am Schluss versetzte uns in Rausch ähnliche Zustände, dass Fränn gar nicht mehr aufstehen wollte, da der Entspannungszustand so grandios war. Früher hangelte man sich von Wochenende zu Wochenende und nun ging es zum Yoga Urlaub nach Kroatien, um an seine körperlichen Grenzen zu kommen – vor einigen Jahren noch undenkbar. Ein komplett ungewöhnlicher Tagesablauf. Morgens Yoga und dann nochmal am Abend da war doch Muskelkater vorprogrammiert? Nach dem Yoga gemeinsames Abendessen, früh ins Bett und das nun eine Woche lang. Am nächsten Morgen fiel die Yogastunde schon etwas schwerer, Urlaub und freiwillig früh aufstehen waren Gegensätze, die schon etwas verrückt waren. Körperlich relativ fit kam man schnell an seine Grenzen, ein neues Körpergefühl und großen Respekt an alle Yogies da draußen die jeden Tag Yoga praktizieren. Die benötigte Muskelkraft ist schon nicht ohne und eine Yogastunde ist tausendmal anstrengender als ein Besuch im Fitnessstudio. Fränn hatte das erste Mal in ihrer Ausbildung vor vielen Jahren, ein halbes Jahr lang Yoga absolviert und seit dem großen Respekt. Durch die gemeinsamen Yogastunden und das gemeinsame Frühstück und Abendbrot lernte man die Gruppe immer besser kennen. Ein bunt zusammen gewürfelter Haufen der super zueinander passte. Neun Frauen plus Tomislav, Jessica und ihr Sohn Mijo, alle an einem Ort und es funktionierte sonderlich gut. Wir kochten zusammen, wir schwammen im Meer zusammen, wir redeten sehr viel, wir tranken und aßen zusammen und machten Ausflüge. Irgendwie passte alles super zusammen. Durch die große Vielfalt gingen uns nie die Gesprächsthemen aus und wenn es mal kurz ruhig wurde, dann packte unsere Yoga älteste Bärbel mit über sechzig Jahren einfach ein paar Geschichten aus ihrem Leben aus und davon hatte sie reichlich, wovon man nicht genug bekommen konnte. Eine Frau, die schon so viel in ihrem Leben erreicht hat und so fit ist – große Klasse. Den einen Tag fuhren wir zum Schwimmen und lesen auf die Insel Osjak zusammen. Eine sehr grüne Insel die nicht weit von Vela Luka entfernt ist und ohne Einwohner. Innerhalb von 15 Minuten erreicht man das stille Fleckchen mit dem Taxiboot, nicht weit aber eindeutig zu weit zum Schwimmen. 

 

 

Am vorletzten Tag unternahmen wir alle zusammen einen Ausflug. Tomislav organisierte uns ein Taxi, was uns ca. 45 Kilometer nach Korcula Stadt fuhr. Wir wollten uns die größte Stadt der Insel anschauen und danach zum Baden zu einem traumhaften Strand Pupnatska. An der Hafenstadt Korcula angekommen schlenderten wir durch die engen Gassen und kauften die ein oder andere mediterrane Leckerei für Verwandtschaft und Freunde. Die Stadt ist mit ca. 5000 Einwohner das touristische Herz der Insel. Fränn schaute sich das vermeintliche Geburtshaus von Marco Polo an, was sich in der kleinen Altstadt von Korcula befindet.

 

 

Die Gruppe löste sich auf und wir genehmigten uns zum Mittag mit Bärbel eine mediterane Pizza mit frischen Sardellen und Kapern dazu ein Radler und einen Espresso zum Nachtisch. Wir genossen das Flair der Stadt und trafen uns am vereinbarten Treffpunkt um 12:45 Uhr, um zusammen zur traumhaften Badebucht „Pupnatska“ zu fahren. An der Bucht angekommen hieß es dann lesen, schwimmen und schnorcheln.

 


Pünktlich um 16 Uhr ging es dann mit dem Taxi wieder zurück nach Vela Luka zum Yoga. Ein Tagesablauf, an den man sich gewöhnen könnte „Tschüss Rückenschmerzen“, doch leider war am morgigen Tag dann schon unser letzter voller Yoga Tag. Die anderen waren am Abend zuvor noch etwas Wein trinken, Fränn blieb ausnahmsweise zu Hause, um diese Zeilen zu schreiben und war somit die erste am nächsten Morgen auf der Yoga Matte.

 

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