China,  Guilin

Guilin – Höhlen, Tee und Karstlandschaften

Unsere achte Station: Guilin

Tag 14 – Freitag

Von Longsheng nach Guilin

Fränn war heute schon früh wach. Um 5:30 Uhr beobachtete sie die immer noch beleuchteten Reisterrassen, die im Morgendunst schimmerten. Der Wecker klingelte erst um 7:20 Uhr – da hatte sie schon etliche China-Fakten im Internet recherchiert. Wenn man schon wach ist, kann man die Zeit schließlich nutzen. 😄

Nach dem Frühstück packten wir unsere Sachen und machten uns auf den Weg – rund zwei Stunden Fahrt bis Guilin, unser nächstes Ziel.
Auf dem Weg zur Busstation hielten wir noch an ein paar kleinen Ständen: Osmanthusblüten, ein Glücksbringer für Diana und – natürlich – wieder Tee. Wir wussten zwar nicht genau, was wir da kauften, aber die Verkäuferin erklärte uns begeistert die Wirkung. Also: gekauft. Tee kann man schließlich nie genug haben.

An der Busstation kam Fränns Verhandlungstalent wieder zum Einsatz. Gong hatte erwähnt, dass Passionsfrüchte hier 1 Yuan kosten – Tourist:innen zahlen meist das Doppelte. Fränn blieb hartnäckig, handelte wie eine Profi-Marktfrau – und bekam am Ende eine Tüte voller Früchte zum echten Local-Preis.

Nach einer weiteren Etappe erreichten wir Guilin. Unser erster Stopp: der Fubo-Hügel, direkt am Li-Fluss gelegen. Mit seinen 63 Metern Höhe ist er leicht zu besteigen – die Stufen sind allerdings schmal und führen steil hinauf und wieder hinab.

Von oben eröffnet sich ein weiter Blick über Fluss, Stadt und Karstlandschaft – ein lohnender Aufstieg. Im Inneren des Hügels befinden sich mehrere Höhlen mit buddhistischen Steinfiguren und kunstvoller chinesischer Kalligraphie.

An der Flussseite entdeckt man schließlich eine besondere Steinformation: einen massiven Felsblock, der nur wenige Zentimeter über dem Boden zu schweben scheint.

Besichtigung einer Teeplantage

Weiter ging es zur Teeverkostung – endlich einmal offiziell mit der gesamten Gruppe.

Zuerst besuchten wir eine Teeplantage, wo uns die Herstellung und die Unterschiede der einzelnen Sorten erklärt wurden.

Nochmal zur Erklärung – falls wir es in einem früheren Blogbeitrag noch nicht erwähnt haben: Alle Teesorten, ob weiß, grün oder schwarz, stammen von ein und derselben Pflanze. Entscheidend ist, wie und wann die Blätter geerntet und verarbeitet werden – also ob sie fermentiert, erhitzt oder getrocknet werden.

Die zarten, jungen Blätter ergeben den weißen Tee, der kaum verarbeitet wird – sie werden lediglich schonend getrocknet, wodurch der Tee besonders mild, leicht süßlich und fein im Geschmack bleibt.
Beim grünen Tee werden die Blätter nach dem Pflücken kurz erhitzt (gedämpft oder geröstet), um die Fermentation zu stoppen. Dadurch behält er seine grüne Farbe und seinen frischen, leicht herben Geschmack.
Der schwarze Tee hingegen wird vollständig fermentiert – die Blätter oxidieren, verfärben sich dunkel und entwickeln ein kräftiges, malziges Aroma, wie wir es auch aus Europa kennen.

Und dann gibt es noch den Jasmintee – streng genommen kein eigener Tee, sondern grüner Tee, der mit Jasminblüten aromatisiert wird. Die Blätter werden dabei mit frischen Blüten gemischt, die ihren Duft an den Tee abgeben. So entsteht das charakteristische, blumige Aroma, das in China zu fast jeder Mahlzeit serviert wird.

Und dann war da noch der Osmanthus-Tee, den Fränn bisher gar nicht kannte. Ein paar kleine, goldgelbe Blüten werden hier einfach dem grünen Tee beigemischt. Sie verleihen ihm einen süßlich-fruchtigen Duft – ein bisschen nach Pfirsich und Honig. In China gilt Osmanthus als Symbol für Glück und Liebe, und der Tee wird besonders im Herbst getrunken, wenn die Blüten geerntet werden. Geschmacklich ist er mild, floral und leicht süß – ganz anders als Jasmin, aber genauso unverwechselbar.

Danach folgte die Verkostung – duftend, ruhig, fast meditativ. Dass wir am Ende natürlich wieder mit neuen Teesorten im Gepäck dastanden, muss ich wohl nicht extra erwähnen.

Am Nachmittag checkten wir im königlich ausgestatteten Hotel ein: zwei große Betten, ein Schreibtisch mit passendem Thronstuhl, eine Chaiselongue – und ein Marmorbad durfte natürlich auch nicht fehlen.

Alles wirkte ein wenig „drüber“ im Design, opulent und weit entfernt von Minimalismus. Wir ruhten uns kurz aus und machten uns dann auf den Weg zum Abendessen.

Danach erkundeten wir Guilin bei Nacht – größer, bunter, lauter als alles zuvor. Überall Essensstände, Musik, Lichter, Gerüche. 

Zwischendurch gönnten wir uns einen Passionsfruchtsaft – und landeten natürlich wieder in einem Teeladen.
Der Besitzer, charmant und redegewandt, präsentierte uns verschiedene Jahrgänge schwarzen Tees. Mariana war sofort begeistert, Fränn blieb skeptisch – bis zur Kostprobe. Wir saßen an einem kleinen Holztisch, tranken Tee aus dem Jahr 2008 und mussten kaum verhandeln – der Verkäufer wusste längst, dass wir aus Deutschland kamen und ein festes Budget hatten. Am Ende kauften wir zwei Packungen für 400 Yuan (ca. 50 €). Angeblich reicht eine davon ein halbes Jahr, da man den Tee bis zu zehnmal aufgießen kann.

Dann ging es weiter, und beim Schlendern durch die beleuchteten Straßen sprach uns ein lokaler Künstler an – und ehe wir uns versahen, hielten wir ein handgemaltes Bild in den Händen. Kunst muss schließlich gefördert werden!

Danach ging es weiter zur Pagode, deren goldener Turm sich im Wasser spiegelte – der Mond darüber vollendete das Bild. Ein Foto, ein kurzer Moment des Staunens, dann machten wir uns auf den Heimweg – es war längst spät geworden.

Zum Abschluss entschieden wir uns doch noch für ein Bier direkt am Wasser. Gegenüber spielten Musiker, die Lichter spiegelten sich im Fluss, und Boote zogen lautlos die Touristen hin und her – ein wunderschöner Anblick zum Ausklang des Tages.

Tag 15 – Samstag

Li‑Fluss und Weiterreise

Früh klingelte der Wecker – heute stand die berühmte Li-Flussfahrt auf dem Programm. Wir gingen an Bord eines Ausflugsbootes und glitten vier Stunden lang durch die eindrucksvolle Karstlandschaft, die das Motiv des 20-Yuan-Geldscheins ziert.

Wir fragten uns, was wohl passiert, wenn es irgendwann keine Geldscheine mehr gibt? Erst der Ausflug zum Motiv des 10-Yuan-Scheins, nun der des 20ers – Geschichten vermarkten, das können die Chinesen.

Nach all den spektakulären Eindrücken der letzten Wochen war unsere Aufnahmefähigkeit allerdings am Limit. Die Sonne brannte gnadenlos auf Deck, der reflektierende Boden machte die Hitze fast unerträglich. Wir suchten Schatten und bevorzugten die klimatisierte Aussicht von innen.

Irgendwann kam die Ansage: „Achtung, in zehn Minuten erreichen wir das perfekte Fotomotiv – den 20-Yuan-Schein!“

Mariana blieb entspannt an Deck, während Fränn sich einen Ruck gab und ebenfalls hinausging, um das berühmte Foto zu schießen. Warum eigentlich? Keine Ahnung – es war relativ unspektakulär. Eine Karstlandschaft eben. Warum genau diese Stelle auf dem Geldschein gelandet ist, wissen wir bis heute nicht.

Irgendwann legten wir in Yangshuo an – einer lebhaften Kleinstadt südlich von Guilin, die bei Tourist:innen sehr beliebt ist. Mit etwas Glück trifft man hier sogar auf Menschen, die Englisch sprechen.

Wir schlenderten durch die belebte Fußgängerstraße, vorbei an Souvenirshops, Obstständen und Straßenverkäufern, bis wir an der Hauptstraße ankamen. Dort aßen wir gemeinsam mit der Gruppe zu Mittag und hatten anschließend noch eine Stunde Freizeit, bevor es weiter zum Flughafen ging.

Am Abend flogen wir nach Shanghai – unsere letzte Station.
Zwei Stunden Flug, 40 Minuten Busfahrt, Ankunft mitten in der Nacht. Das Kuriose: Alles war überraschend dunkel, was wir so nicht erwartet hatten. Nachts wird hier die Beleuchtung nämlich auf ein Minimum reduziert – offiziell, um Energie zu sparen und Lichtverschmutzung zu vermeiden. In einer Stadt mit über 26 Millionen Einwohnern ein fast ungewohnter Anblick: stille Straßen, gedämpftes Licht, eine Stadt, die kurz durchatmet.

Unser Hotel: das Jin Jiang Hotel – das erste Luxushotel Chinas, das vollständig von Chines:innen erbaut wurde. Ein geschichtsträchtiger Ort, in dem schon zahlreiche berühmte Persönlichkeiten übernachtet haben. Perfekte Lage im französischen Viertel, grandiose Ausstattung – und wieder einmal kaum Zeit, es zu genießen.

Fazit: Guilin

Guilin zeigte uns eine andere Seite Chinas – karstgeprägte Landschaften, Höhlen und Teeplantagen, eingebettet in eine geschäftige, moderne Stadt. Nach den ruhigen Tagen in Longsheng war es fast ein kleiner Kulturschock: bunter, lauter, dichter.

Die Teezeremonie war ein Highlight, die Stadt selbst ein Labyrinth aus Düften, Farben und Stimmen.
Und auch wenn unsere Köpfe nach zwei intensiven Wochen fast überquollen vor Eindrücken, bleibt Guilin als Ort der Teekultur, Gastfreundschaft und landschaftlichen Schönheit in Erinnerung.

Vielleicht war es genau dieser Moment, an dem uns klar wurde: Man kann nicht alles aufnehmen – aber man kann alles fühlen.

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